Luca-App – Da war doch was?

Stefan Klingbeil

Seit Ende April 2021 ist die Luca App zur Kontaktnachverfolgung auch im Landkreis Rotenburg einsatzbereit. Gastronomen und Einzelhändler:innen wurden dazu bewogen, die Anwendung zu nutzen, anstatt die mit Millionen Euro Steuergeldern unterstütze Corona-Warn-App zu bewerben.

Hunderte Unternehmen im gesamten Landkreis, insbesondere Gastronomiebetriebe, sind der Empfehlung des Landkreises gefolgt, hängen ihre QR-Codes an die Eingangstür, im Glauben, damit ihren Beitrag zur Pandemie-bewältigung zu leisten.

Im April letzten Jahres hat DIE LINKE den Schritt vom einstigen Landrat Luttmann (CDU) kritisiert, da zu diesem Zeitpunkt bereits massive Sicherheits-bedenken von Expert:innen geäußert wurden. [1]

Auf Anfrage an den Landkreis wird nun offensichtlich, was man bereits vermuten konnte: Von etwa 13.000 Kontaktpersonen, die bisher ermittelt wurden und in Quarantäne mussten, kann keinerlei konkrete Auskunft darüber gegeben werden, wie viele Kontaktpersonen über die Nutzung der LUCA-App ermittelt werden konnten und ob eine Kontaktaufnahme zu diesen Personen erfolgreich war.

Laut Auskunft des heutigen Landrats Prietz (CDU) können sich Kolleg:innen an etwa fünf Abfragen seit Einführung der Anwendung erinnern. Fünf Abfragen in acht Monaten! Wie viele Kontakte dadurch erfolgreich ermittelt wurden, ist unklar. Begründet wird diese Ahnungslosigkeit mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).

"Da das System die Daten nach der DSGVO entsprechend löscht" könne man nur eine Schätzung abgeben, heißt es in der Antwort. Mir ist allerdings neu, dass reine Zahlen unter Datenschutz stehen. Man hätte durchaus eine digitale Strichliste führen können, um die Effektivität der Anwendung zu ermitteln - wusste man doch, dass die Lizenz irgendwann auslaufen und man vor der Entscheidung stehen würde, ob erneut in die Lizenzen investiert wird oder nicht. Das dafür keine objektive Bewertungsgrundlage geschaffen wurde, hinterlässt einen Eindruck für sich.

Die Vermutung liegt nahe, dass das Land Niedersachsen die Lizenz einer App einkauft hat, deren Effizienz Gutgläubigkeit gegenüber steht und dass es keinerlei Auswertungsmethoden gibt. Es wurde entweder keine Handlungsanweisung von der Landesregierung ausgegeben oder hier im Landkreis Entsprechendes verschlafen.

Immerhin: Der Landkreis hält den zukünftigen Einsatz der App für nicht zielführend. Die Begründung, dass es keine Praxisrelevanz in unserem Flächenlandkreis habe, teile ich nicht, denn die Problematik der Luca-App ist nicht unsere dünnen Besiedelung, sondern die Programmstruktur selbst.

Der Lizenzerwerb war ein überstürzter politischer Akt und unterm Strich sage ich, dass hier die Niedersächsische Landesregierung unter Rot-Schwarz ins digitale Klo gegriffen hat. Dass Niedersachsen die Nutzung der App weiterhin offen lässt, zeugt von einer Unentschlossenheit der Landesregierung, die ich nicht nachvollziehen kann, da offensichtlich ist, dass die App ein Reinfall ist.[2]

Immerhin haben Strafverfolgungsbehörden keine Datensätze vom Landkreis abgefragt. Das wäre nämlich in der Regel illegal.

Gegenüber dem NDR teilte Patrick Hennig, Geschäftsführer des Luca-Betreibers neXenio, mit, dass er an die Länder appelliere, weiterhin auf die Luca-App zu setzen. [3] Wen wundert's. Vernünftig wäre dies allerdings nicht. Eine Bewertungsgrundlage über Sinn und Unsinn dieser APP gibt es nach knapp einem Jahr Einsatz schließlich gar nicht.

Es bleibt zu hoffen, dass niedersächsische Landkreise schnell ihre Erfahrungen an die Landesregierung übermitteln und diese den richtigen Schluss zieht: Den Fehleinkauf nicht wiederholen. Eine gute Alternative haben wir schließlich bereits alle bezahlt, die Corona-Warn-App.

 

[1] https://www.dielinke-row.de/aktuelles/detail/news/linkspartei-warnt-vor-nutzung-der-luca-app/

[2] https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/hannover_weser-leinegebiet/Niedersachsen-laesst-weitere-Nutzung-der-Luca-App-offen,aktuellhannover10204.html

[3] https://www.ndr.de/nachrichten/info/Luca-App-Auch-Bremen-steigt-aus,lucaapp128.html