Finanzielle Aufstockung der Suchtberatung
Seit Jahren steigt der Beratungsbedarf der landkreisweiten Fachstelle Sucht und Suchtprävention. Die Gruppe GRÜNE und LINKE im Kreistag hält eine Erhöhung der Fördermittel für notwendig, um den personellen Bedarf und damit das Angebot zu stärken. Zugleich weisen wir auf bürokratische Hürden hin, denn die Finanzierung der Suchtberatung ist im Landkreis Rotenburg im Vergleich zu anderen Landkreisen problematisch.
Die Erhöhung zur Finanzierung von Personalkosten kann in Anbetracht des Beratungsbedarfs nur als selbstverständlich angesehen werden. Es muss außerdemdarum gehen, dass Angebot an aktuelle und zukünftigen Bedarfe auszurichten. Im Gespräch mit der Fachstelle wurden weitere Möglichkeiten zum Ausbau und zur Erweiterung des Angebots angesprochen. Der Bedarf sei durchaus da, doch eine dafür notwendige personelle Aufstockung ist mit der derzeitigen Finanzierung nicht drin.
Neben spezifischen Landesmitteln für die psychosoziale Betreuung sowie den Kreismitteln muss der Anbieter derzeit noch in jeder Gemeinde eine Begründung einreichen, um weiterhin von Jahr zu Jahr Finanzmittel aus diesen zu erhalten. Innerhalb Landkreis wurde einst eine Pauschale von 15 Cent pro Einwohner:in vereinbart. An diese halten sich die Gemeinden nicht allzu genau. So werden nur 150€ von Bremervörde überwiesen - für ein ganzes Jahr. Die Stadt Visselhövede hingegen fördert mit 10.000€.
„Dieses Finanzierungssystem muss dringend überarbeitet werden. Der bürokratische Aufwand sei extrem hoch, da die Leitung der Suchtpräventionsstelle in jeder Gemeinde vorstellig werden müsse“, meintStefan Klingbeil. Kreistagsabgeordneter für die Linkspartei. Dies geht letzten Endes auf Kosten der Beratung, Prävention und Weiterentwicklung. Die Umlegung in einen einzigen „Gemeindegeldertopf“ wäre eine Möglichkeit, die vom Landkreis angestrebt werden könne, ohne das bestehende Finanzierungssystem gänzlich zu ändern. Am Ende, und das ist das Entscheidende, muss weniger Bürokratie heraus kommen.
„Ich war baff, als ich hörte, dass jene, die von harten Drogen, wie Heroin abhängig sind, im gesamten Landkreis keine Chance auf Versorgung durch einen spezialisierten Arzt haben, der Ersatzmittel anbieten kann, die so genannte „Substitution“. Abhängige müssten derzeit das Rezept ihres Ersatzstoffes aus Verden oder Bremen holen. Die Zahl von einem Dutzend Abhängigen im vergangen Jahr sei auf die Menge der Einwohner:innen gesehen, unrealistisch, wurde mir berichtet.“ so Klingbeil. Gäbe es mehr Ärzte, die diesen Menschen die Praxis öffnen, so würden diese aus der Dunkelziffer ans Licht geholt und Angebote viel öfter wahrgenommen werden, so die Einschätzung der Profis.
Insbesondere mit der anzunehmenden Legalisierung von Cannabis werden die Präventions- und Beratungsangebote ausgeweitet werden müssen. Dies müsse konzeptionell vorbereitet werden, was wiederum Zeit kostet, die das bestehende Personal nur nach Feierabend hätte. Hier sehen wir den Landkreis in vorausschauenden Verantwortung.
Aktuell habe es die Suchtberatung allerdings vermehrt mit Flüssigkeiten für E-Zigaretten zu tun, die ein synthetisch verändertes Cannabinoid beinhalten. Die Suchtgefahr hierdurch wird dem aktuellen Jahresbericht zu Folge weitestgehend unterschätzt.
„Ich gehe ferner davon aus, dass die Nachwirkungen der Corona-Pandemie im Bereich der Beratung von Mediensucht - sei es Online-Glückspielsucht oder des exzessiven Computerspielekonsums - steigen wird. Als ehemaliger Zocker weiß ich, wie die Zeit am Rechner vergehen kann und sich die Welt um einen herum weiter dreht. Da selbst Ärzte auf letzterem Gebiet äußerst rar sind und die Forschung noch nicht allzu weit ist, brauchen wir ein Beratungsangebot was präventiv bereits tätig werden kann“, äußert sich Klingbeil.
Prävention bedeutet, voraus zu fahren um Schaden abzuwenden. Eine mangelnde Finanzierung würde unsere Gemeinschaft im Nachhinein noch mehr kosten. Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels möchten wir darauf hinweisen, dass im vergangenen Jahr die größte Gruppe, die Beratung gesucht hat, Arbeitstätige waren.
Die Gespräche um die Finanzierung der Suchberatung und der Suchtprävention für die nächsten Jahre laufen derzeit. Daher ist es jetzt an der Zeit, den Blick auf diesen Bereich zu schärfen. Bisweilen ist keinerlei politische Intention seitens des Landrates und der Mehrheitsgruppe erkennbar. Eher hat man ein breites Desinteresse im Ausschuss für Gesundheit erkennen können, so Klingbeil. Der Tagesordnungspunkt wurde mit einem Geschäftsordnungsantrag auf Abbruch durch die Mehrheitsgruppe geschlossen.